Seit vielen Jahren ist der Verpackungs- und Etikettendruck Wachstumstreiber und Vorreiter der Digitalisierung. Mit einem ganzheitlichen Lösungs­angebot will HEIDELBERG die daraus ent­stehenden Chancen nutzen.

Ein klarer Beleg dafür ist die neu entwickelte digitale Etikettendruckmaschine Gallus One. Sie verbindet einen hohen Automatisierungsgrad mit umfassender Konnektivität und niedrigsten Total Cost of Ownership. Ein Interview mit Dario Urbinati, Geschäftsführer der HEIDELBERG-Tochter Gallus.

Herr Urbinati, welche Trends prägen das Marktsegment des Etikettendrucks?

Der digitale Etikettendruck ist mit rund 6 Prozent jährlichem Wachstum das am stärksten wachsende Marktsegment in unserer Branche. In diesem wachstumsstarken Markt wollen wir mit der Gallus One, dem ersten volldigitalen Etikettendrucksystem, unsere gute Position ausbauen. Hierfür adressieren wir direkt die größten Herausforderungen unserer Kunden: Die mit Abstand wichtigste ist der Fachkräftemangel. Das spüren wir nicht nur in Ländern mit der fast schon sprichwörtlichen Boomer-Demografie, sondern auch in solchen mit einer anderen Altersstruktur, wie etwa den USA und einigen Ländern Asiens.

Welche weiteren Herausforderungen haben Ihre Kunden genannt?

Ein weiterer Aspekt waren die hohen Energie- und Substratpreise, aber mitunter auch die schlichte Knappheit von Produktionsmitteln infolge von Lieferengpässen. Und damit ein steigender Kostendruck. Außerdem ist nach der Pandemie die Nachhaltigkeit stärker in den Fokus gerückt, und das mit Nachdruck. Alles in allem steht der Markt vor großen Veränderungen.

Kommen wir zurück zum Fachkräftemangel. Mit welchen Maßnahmen reagieren Sie darauf?

Weltweit fehlen qualifizierte Arbeitskräfte in der Druckbranche. Für uns bedeutet das: Wir müssen Systeme und Prozesse bereitstellen, die unseren Kunden solche Arbeitsweisen ermöglichen und die Wertschöpfungskette mit weniger ‚Human Intervention‘ betreiben lassen. Ein Schlüssel dafür ist die Konnektivität von Maschinenparks mit den technischen Ökosystemen, die sie umgeben, und mit der Cloud. Aber wie genau machen wir das? Um das herauszufinden, haben wir vor dem Start des aktuellen Innovationszyklus eine sogenannte Outside-in-Entwicklungsschleife eingebaut.

„Mit der neuen Gallus One vollziehen wir den Technologiesprung von der reinen Druckmaschine zum Ökosystem.“

Dario Urbinati, Geschäftsführer von Gallus

Sie haben sich also Kompetenz von außen hereingeholt.

Genau, und zwar die Kunden, die wir direkt in den Entwicklungsprozess einbinden. Auf dieser Grundlage haben wir unser Produktkonzept durch Iterationen immer wieder angepasst und auf Machbarkeit und Marktanforderungen überprüft. Und zwar so lange, bis wir sicher waren, dass wir zielgerichtet die Bedürfnisse der Kunden von heute und morgen abdecken.

Was war neben dem Optimieren, Standardisieren und Automatisieren von Prozessen wichtig?

Das Optimieren, insbesondere das Standardisieren und Automatisieren, von Produktionsprozessen ist die Voraussetzung. Ziel ist es dabei, möglichst geringe Total Cost of Ownership für die Kunden zu erreichen, also die Kosten des Betriebs von Investitionsgütern einschließlich Verbrauchsmaterialien. Wir haben die Treiber der Kosten akribisch identifiziert und eliminiert oder reduziert und auf die Ausbringungsmenge umgelegt. Dadurch erhalten wir besonders kompe­titive TCO-Werte für die Branche.

Sie haben kürzlich die neue Etikettendruckmaschine Gallus One vorgestellt. Ist das ein erstes Ergebnis dieses holistischen Ansatzes?

Ganz genau. Mit der neuen Gallus One vollziehen wir den Technologiesprung von der reinen Druckmaschine zum Ökosystem. Dabei kommt uns zugute, dass der Etikettendruck aufgrund seiner individuellen Anforderungen an Differenzierung schon immer ein Vorreiter der Digitalisierung war, mit ungefähr einer Dekade Vorsprung gegenüber anderen Bereichen der Druckindustrie. Der Etikettendruck ist ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit zur Differenzierung, weil es ja darum geht, am Point of Sale den Wettlauf um Aufmerksamkeit zu gewinnen.

Wie sind Sie bei der Entwicklung der Gallus One vorgegangen?

HEIDELBERG und Gallus brauchten neben Gallus Labelfire im Hochperformance-Segment auch eine Lösung für den Breitenmarkt des Etikettendrucks. Dafür haben wir gezielt unsere Kompetenzen gebündelt: Experten aus drei Standorten arbeiteten an der Gallus One. Unsere neue Maschine vereint die Digitaldruck- und Softwarekompetenz des Marktführers im Bogen­offsetdruck mit der umfassenden und langjährigen Expertise von Gallus im Etikettendruck. Die Gallus One ist die erste Lösung, die wir mithilfe eines neuen Baukastens zusammengestellt haben. Das Ergebnis ist nicht nur höchste Druckqualität und Effizienz – zum Beispiel beim Energieverbrauch –, sondern auch ein hoher Grad der Automatisierung und Konnektivität. Gegenwärtig entwickeln wir aus diesem Baukasten heraus weitere Innovationen.

Sie sprachen gerade von einem ganzen Ökosystem. Was verstehen Sie darunter?

Neben dem technischen Ökosystem der Gallus One, also dem Zusammenspiel aus Druckkopf, Tinte und Bahnlauf, gehören insbesondere die umgebende Software, die Programmierschnittstellen und die Daten- und Cloud-Anbindungen dazu. Hier haben wir klare Sy­nergien mit HEIDELBERG, weil wir die Gallus One mit dem Workflow Prinect von HEIDELBERG vernetzen. Auch können wir Prinect mit bereits vorhandenen Softwarelösungen beim Kunden verbinden.

Welche Vorteile hat der Kunde davon?

Die Konnektivität erhöht die Effizienz und senkt die Kosten, ermöglicht aber auch neue Anforderungen wie beispielsweise auch eine Steuerung aus der Ferne durch die Dezentralisierung der Wertschöpfungskette. Es geht aber noch um viel mehr. Denn vernetzte Maschinenparks lassen sich darüber hinaus vorausschauend warten.

Stichwort Predictive Maintenance. Können Sie das kurz erläutern?

Wir stellen unseren Kunden Algorithmen zur Ver­fügung, die die Daten bestimmter Sensoren – beispielsweise den Druck in einer Tintenpumpe – im Maschinenpark auswerten. Mit der daraus folgenden punktgenauen Wartung vermeiden wir ungeplante und teure Stillstände in der Produktion. Wir minimieren die Störgrößen im Produktionsablauf und verstetigen den Produktionsoutput unserer Kunden und können überdies unser Serviceteam zielgerichtet planen und auslasten.

Zum Schluss ein kurzer Ausblick: Welche Entwicklungen erwarten Sie für den Etikettendruck der Zukunft?

Die Prognose lautet, dass das weltweite Druckvolumen des Etikettendrucks von 28 Mrd € im Jahr 2021 um durchschnittlich 3,5 Prozent pro Jahr auf 34 Mrd € im Jahr 2027 expandiert. Dabei gibt es eine klare Tendenz in Richtung digital.

Die Gallus One ist das erste sichtbare Produkt aus unserem aktuellen Innovationszyklus, das den digitalen Etikettendruck in die Breite des Marktes bringt.

Was mir aber besonders am Herzen liegt: Wir haben gerade das Gallus Experience Center in St. Gallen fertig gestellt. Es ist der Touchpoint der globalen Schmalbahnindustrie, in dem wir unsere Technologieansätze und Produkte erlebbar machen. Mit seiner hundertjährigen Tradition stellt sich Gallus zusammen mit HEIDELBERG den Herausforderungen der nächsten 100 Jahre.

 

Herr Urbinati, vielen Dank für dieses Gespräch.

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