Vor der drupa 2016 sah es so aus, als müssten Fachleute schon sehr ins Detail gehen, um Fortschritte beim Offsetdruck auszumachen. Doch zur Messe kam es anders: Mit der Einführung von Push to Stop bereitete HEIDELBERG den Boden für den autonomen Drucksaal. „Ein neues Zeitalter beginnt“, sagte damals Rainer Wolf, heute Leiter Portfoliomanagement für Bogenoffset und Postpress Commercial. Er prognostizierte den „Wandel von Druckereien zu Smart Print Shops mit digitalisierten, intelligent vernetzten und automatisierten Produktionsprozessen“.
Der neue Ansatz änderte die Wahrnehmung des verfahrenstechnisch ausgereiften Offsetprozesses. Stand Drucken früher für das Übertragen und Vervielfältigen von Informationen, schließt es heute Datenhandling, IT und Netzwerktechnik ein. Dreh- und Angelpunkt ist ab sofort der integrierte und automatisierte Prozess. Das bedeutet: In Zukunft hat nicht etwa derjenige Drucker Erfolg, der gut drucken kann, sondern vielmehr derjenige, der seine Prozesse im Griff hat.
Im Smart Print Shop wird der Druck zum Teil eines vernetzten Gesamtprozesses – und HEIDELBERG hat die Softwarelösung dafür. „Prinect bindet als zentrale Plattform alle Schritte der Druckproduktion ein: vom Kundenkontakt über die Produktion bis zum fertig versandten Produkt und zur Rechnungsstellung“, erklärt Axel Zöller, Produktmanager Digital Workflow bei HEIDELBERG.
Eine immer größere Bedeutung erlangt heute der hybride Druck, bei dem digitale und analoge Verfahren in Kombination produzieren. Digital und Offsetdruck – das Dreamteam der Zukunft? „Beide Verfahren ergänzen sich perfekt. Hohe Auflagen werden kostengünstig auf Offsetmaschinen produziert, kleine Auflagen flexibel im Digitaldruck“, sagt Christopher Berti, Leiter Digital Print Ecosystem. „Der Prinect Workflow lenkt die Jobs automatisch auf das richtige Ausgabegerät.“
Dank der Kooperationen mit Ricoh und Canon hat HEIDELBERG neben seinen Offsetdruckmaschinen auch digitale Toner- und Inkjet-Drucksysteme im Angebot. Und die Bilanz kann sich sehen lassen: „HEIDELBERG hat weltweit mehr als 3.000 Versafire Drucksysteme auf Tonerbasis und über 1.500 Digitaldruckmaschinen von Drittanbietern in die Prinect Technologie integriert“, sagt Ulrike Seethaler, Produktmanagerin Digital Print Workflow. „Die Erfahrung und das umfassende Knowhow sind jetzt in die Integration des Inkjet-Systems Jetfire 50 eingeflossen.“
Die HEIDELBERG Bogenoffsetmaschinen waren bisher schon hocheffizient und für Produktionsleistungen bis zu 18.000 Bogen in der Stunde ausgelegt. Das Ziel: schnelle Auftragswechsel, kurze Stillstandzeiten, geringe Makulatur. Zur drupa 2024 aber wurde die Leistung der Druckmaschinen durch Automatisierung, mechanische Optimierungen und KI-Unterstützung weiter gesteigert. In der Spitze erreichen sie nun eine Leistung von 21.000 Bogen pro Stunde, und zwar im Schön- und Widerdruck.
Letztlich aber hängt die Geschwindigkeit der Produktion noch immer von der Leistung des Bedienpersonals ab, das bei konventioneller Produktion einzelne Arbeitsschritte aktiv anstoßen muss. So waren früher zehn Jobs pro Tag die Regel. Daraus wurden bald zehn Jobs pro Schicht. Heute produzieren industrielle Akzidenzdruckereien unter idealen Bedingungen zehn Jobs pro Stunde auf einer Druckmaschine, was über die physischen Belastungsgrenzen eines Menschen hinausgeht.
Deshalb hilft HEIDELBERG Druckern, die Potenziale ihrer Maschinen in Produktivität umzusetzen: Das Speedmaster Operating System sorgt für die komfortable Steuerung über Touchscreens mit Gestensteuerung, den Wallscreen und eine Bedienoberfläche mit Hilfefunktionen in 27 Sprachen. Die hoch automatisierten Farb- und Qualitätsmesssysteme finden Druckkontrollstreifen, Papierweiß und Registermarken vollautomatisch, starten die Farbregelung ohne menschliches Eingreifen. Außerdem hat HEIDELBERG intelligente Startsequenzen, Assistenzsysteme mit und ohne künstliche Intelligenz und automatische Waschprogramme eingeführt. Die LED-Navigationsunterstützung an der Speedmaster komplettiert die einzigartige Bedienlösung.
Nach wie vor besteht eine Druckmaschine aus viel Metall. Doch da ist mehr: „Unter der Haube einer Speedmaster stecken elektronische Bauteile, viel Software und etwa 3.000 Sensoren, die Informationen erfassen und täglich Tausende Statusmeldungen an die Server bei HEIDELBERG weiterleiten“, erläutert Axel Zöller. Dort werden die Datensätze ausgewertet und neu berechnet – was zu Lösungen wie Predictive Maintenance führt, der vorausschauenden Wartung von Druckmaschinen. Darüber hinaus lassen sich aus den umfassenden Datenanalysen Lösungsansätze entwickeln, die über die heute bekannten Bedürfnisse hinausgehen. „Die Neuheiten bei den KI-gestützten intelligenten Assistenzsystemen zeigen eindrucksvoll, was heute schon möglich ist und wo die Entwicklung in den kommenden Jahren hingehen wird“, sagt Rainer Wolf. „Konsequenterweise denken wir hierbei auch über die Druckmaschine hinaus.“
Ein Beispiel hierfür ist die automatische Druckplattenlogistik Plate to Unit, die die Bedienenden einer Druckmaschine physisch entlastet. Das System ermöglicht die nahezu vollautomatische Bereitstellung der Druckplatten – und deren Entsorgung. „Mit Plate to Unit treiben wir die Entwicklung des Smart Print Shops voran, indem wir den Offsetdruck für die industrielle Produktion von Kleinauflagen attraktiver machen“, sagt Rainer Wolf. Die Planung der Auftragsreihenfolge erfolgt über den Prinect Scheduler.
Ein Klassiker auf neuestem technologischen Stand:
Speedmaster ist die optimale Lösung für alle Druckanforderungen.
Schnell, nachhaltig, hocheffizient und einfach zu bedienen: In der neuesten Generation der Speedmaster Serie bündeln sich die Innovationen aus jahrzehntelanger Entwicklerarbeit bei HEIDELBERG. Push to Stop inklusive KI-gestützter Assistenzsysteme und Plate to Unit entlasten das Druckpersonal und erhöhen den Output. Damit ist Offset so flexibel wie nie und auch bei kleineren Auflagen einsetzbar.
Das digitale Tool clustert die in einem Pool liegenden Daten und bringt diesen in eine für die Produktion optimale Reihenfolge. Zu den Kriterien dabei zählen Liefertermin, Papierqualität, Format, Farbbelegung und Weiterverarbeitungsparameter wie das Falzschema. In der Weiterverarbeitung setzt HEIDELBERG zunehmend auf Robotik. Ein Beispiel ist der StackStar P: Mit innovativer Greifertechnik entnimmt der Industrieroboter Signaturenpakete aus der Anlieferung und stapelt sie vollautomatisch. Er kann bis zu 300 Pakete pro Stunde bewältigen und hält mit jeder Falzmaschine mit.
Manche Druckanwendungen sind dem Ziel einer „mannlosen Produktion“ schon sehr nahe. Dazu zählen Onlinedruckereien, die nach dem Prinzip Web-to-Print arbeiten. Dabei wird der Auftrag vom Kundenportal direkt in die Produktion geschleust. Dagegen ist etwa der Druck hochveredelter Luxusverpackungen mit vielen Sonderfarben und den damit verbundenen Farbwechseln noch ein gutes Stück von der Vollautomatisierung entfernt. Doch das Rennen läuft. „Mit einer Perspektive von zehn Jahren ist ein Lights-out-Manufacturing im Drucksaal realistisch. Dann erfolgt nur noch bei gravierenden Störungen ein Anhalten des Druckprozesses“, sagt Jürgen Mittmann, Senior-Manager im Produktmanagement Bogenoffset/Prinect.
Die Ideen von HEIDELBERG erschöpfen sich nicht in der Automatisierung von Maschinen und Prozessen. Beständig wird an innovativen Geschäftsmodellen gearbeitet. Beispiel Subskription: Dieses outputorientierte Abomodell umfasst die Bereitstellung von Maschinen, Software, Verbrauchsmaterialien, Service, Training und Consulting. Die Bezahlung durch die Kunden orientiert sich dabei an den bedruckten Bogen. Auch hier gilt: Das Erreichte ist nicht das Ende der Entwicklung – die nächste Innovation kommt bestimmt. Dies hat das Unternehmen über die vergangenen 175 Jahre immer wieder bewiesen.