Nachhaltige – vor allem papierbasierte – Verpackungen werden im Konsumer-Bereich immer wichtiger. Das bedeutet: Verpackungsspezialisten sind gefragt und damit auch Druckmaschinenhersteller, die helfen, neue Ideen in die Regale zu bringen.



Über die aktuellen Trends und Treiber sprechen der HEIDELBERG-Vorstandsvorsitzende Dr. Ludwin Monz und Jean-François Roche, Leiter Vertrieb beim führenden Verpackungshersteller Graphic Packaging International und amtierender Präsident der European Carton Makers Association (ECMA).

Jean-François Roche ist Senior Vice President und Head of International Sales beim Verpackungsspezialisten Graphic Packaging International (GPI).

In seiner Laufbahn hat er bereits etwa drei Jahrzehnte Erfahrung im Verpackungsmarkt gesammelt. Seit 2017 ist Roche außerdem auch Präsident der European Carton Makers Association (ECMA), des europäischen Verbandes der Faltschachtelindustrie.

Jean-François Roche - Guten Tag, es freut mich, hier zu sein. Ich vermute, die Wege von HEIDELBERG und GPI haben sich heute auf meinem Weg hierher schon mehrfach gekreuzt.

 

Dr. Ludwin Monz -Sie meinen in Form von Verpackungen? Das kann gut sein. Also ein Alltagsprodukt, dessen Verpackung auf einer HEIDELBERG-Maschine hergestellt wurde, hatten Sie bestimmt in der Hand.

 

Jean-François Roche -Ja, eine Welt ohne Verpackung ist kaum vorstellbar. Und speziell die Konsumgüter sehen wir als ein großartiges Geschäftsfeld, das weiter wachsen wird. Vor allem der Ausblick für Verpackungen auf Kartonbasis für Produkte wie Lebensmittel oder Hygieneartikel ist vielversprechend: Für solche Verpackungslösungen wird in den nächsten Jahren ein solides Wachstum prognostiziert, während Kunststoffe Marktanteile verlieren könnten. Rückblickend entwickelte sich der Absatz von Verpackungen aus Karton immer analog zum Bruttoinlandsprodukt. Aktuell gibt es zusätzlichen Rückenwind durch Anforderungen aus Nachhaltigkeitsinitiativen, und wir sehen Wachstumsraten von zusätzlich zwei bis vier Prozent, da Verpackungen aus faserbasierten Materialien, also in erster Linie Karton, solche aus Kunststoffen ersetzen.

 

Dr. Ludwin Monz - Das verstärkt der Trend hin zu umweltfreundlichen Stoffen.

 

Jean-François Roche -Genau. Wir sehen, die Kunden wollen umweltfreundlichere Verpackungen. Die Gesetzgebung zielt ebenfalls in diese Richtung. Aber auch bei Verpackungen auf Kartonbasis gibt es Herausforderungen, um deren Recyclingfähigkeit weiter zu verbessern. Innovation ist dabei der Schlüssel, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Unser Ziel bei GPI ist es, jede Produktinnovation noch kreislauffähiger, funktioneller und praktischer zu gestalten als bereits bestehende Alternativen.

 

Dr. Ludwin Monz - Das Spannende an solchen Innovationen ist: Sie sind das Ergebnis der Zusammenarbeit vieler Wissenschaftsgebiete. Hier bei HEIDELBERG als Hersteller von Druck- und Weiterverarbeitungsmaschinen laufen viele von ihnen zusammen. Das fängt bei der Mechanik an, geht über die Elektronik und Datenwissenschaft bis hin zur Chemie. HEIDELBERG ist ein integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette bei kartonbasierten Verpackungen, das bedeutet, dass wir direkt vom strukturellen Wachstum in diesem Markt profitieren. Wir erwarten, dass in den nächsten Jahren die Produktion von kartonbasierten Verpackungen steigt. Und unsere Kunden müssen dies bedienen können.

Jean-François Roche -Ja, das tun wir bei GPI sehr konsequent und bauen deshalb unsere Innovationskraft bei solchen Verpackungen als Ersatz für Plastik stetig aus. Dabei gibt es aber auch noch praktische Hürden: Die Unternehmen der Konsumgüterindustrie versuchen, ihre Verpackungskosten zu senken, und Verpackungen aus Karton sind in der Regel teurer als Kunststoffverpackungen. Aber gleichzeitig nimmt der Druck der Verbraucher zu: Sie zeigen, was sie wollen – und sind sich bewusst, dass ihre Kaufentscheidungen auch Auswirkungen auf den Planeten haben.

Dr. Ludwin Monz - Dem stimme ich vollkommen zu. Nachhaltigkeit ist ein übergreifender Trend und wahrscheinlich der stärkste Wachstumstreiber in diesem Markt. Darauf richten wir unser Angebot im Segment Packaging Solutions entsprechend aus. Innovation bleibt der Schlüssel, mit dem wir unseren Kunden ihren nachhaltigen Wandel ermöglichen. Regional gesehen, gilt das unseren Analysen nach nicht nur in Europa. Auch in Asien sehen wir erhebliche Wachstumschancen: Die wachsende Weltbevölkerung und der zunehmende Wohlstand sind starke Wachstumstreiber. HEIDELBERG ist in dieser Region gut positioniert und will auch diese Chancen nutzen.

Jean-François Roche -Die Dynamik in Asien ist sehr groß, das stimmt. Im Verbraucherbewusstsein und in der Legislative sind jedoch die USA und die EU klar die Treiber für eine nachhaltigere Wirtschaft. In der EU gab es jüngst die Verordnunsgsinitiative PPWR, das steht für Packaging and Packaging Waste Regulation. Ziel der Verordnung ist es, Verpackungen nach ihrer Recycelbarkeit zu kategorisieren und letztlich zu erreichen, dass alle auf dem europäischen Markt befindlichen Verpackungen wiederverwertbar sind. Verpackungen aus Karton sind in dieser Hinsicht bereits „best in class“, aber es gibt auch bei ihnen noch viel Verbesserungspotenzial. Höhere Recyclingquoten durch eine bessere Sammlung zum Beispiel. Oder die Senkung der sogenannten EPR-Gebühren, der Kosten für die erweiterte Herstellerverantwortung, in deren Rahmen Unternehmen die Verantwortung für ein Produkt über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg tragen. Neben behördlichen Vorgaben geht es bei der Nachhaltigkeit von Verpackungen vor allem um Bedürfnisse von Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch um ganz praktische Anforderungen von Markenherstellern. Für uns als Verpackungshersteller bedeutete das, wir müssen die Optimierungshebel ganzheitlich betrachten.

Dr. Ludwin Monz - Das ist richtig! Auch HEIDELBERG trägt seinen Teil dazu bei und will Vorreiter sein. Wir sehen Nachhaltigkeit als Teil jeder Stufe der Wertschöpfung, und sie beginnt bereits im Herstellungsprozess, in der der größte Hebel zur Reduktion von Emissionen steckt. Hier kann durch intelligente Assistenzsysteme und innovatives Produktdesign viel eingespart werden. HEIDELBERG hat da eine starke Erfolgsbilanz: Vergleicht man zum Beispiel die aktuelle Speedmaster XL 106-6+L mit ihrem Vorgänger aus dem Jahr 1990, dann ist der Energiebedarf der Maschine heute um 40 Prozent niedriger als noch vor rund 30 Jahren. Andere Innovationen wie unsere mit der drupa-2024-Generation nochmals verbesserte Trocknertechnologie werden schon bald zu weiteren Verbesserungen beitragen. Auch sonst verfügen wir über die Technologien, um die Produktion nachhaltiger Verpackungen zu realisieren. Unsere Maschinen können alle Arten von Substraten, Druckfarben und Beschichtungen verarbeiten und bieten so maximale Flexibilität bei der Entwicklung neuer, nachhaltiger Verpackungsdesigns.

 

Jean-François Roche - Das ist wichtig. Denn wenn wir uns die Trends für das Verpackungsdesign anschauen, dann erwarten wir, dass der Anteil an Recyclingfasern sowie Frischfasern für Anwendungen mit direktem Lebensmittelkontakt weiter zunehmen wird. Wir gehen auch davon aus, dass Verpackungen hinsichtlich ihres Volumens und Gewichts so optimiert werden, dass der Fokus darauf liegt, dass sie ihre Kernfunktion erfüllen können. Damit kommen wir dem Ziel näher, Verpackungen pro Kopf zu reduzieren, und das führt auch zu einem geringeren CO2-Fußabdruck.

 

Dr. Ludwin Monz - Außerdem sind Barriere-Coatings sicherlich ein weiterer Schlüssel für GPI.

 

Jean-François Roche - Exakt, vor allem für Lebensmittel- und Getränkeverpackungen. Die heutigen Barrieren erfüllen nicht immer die höchsten Anforderungen an die Recyclingfähigkeit. Wir müssen also sicherstellen, dass wir sie so wenig wie nötig verwenden. Längerfristig wird hier die Forschung Fortschritte bei natürlich vorkommenden Biopolymeren erzielen, die man einsetzen und so den Anteil an erneuerbaren Stoffen erhöhen kann. Es gibt auch biologisch abbaubare Materialien, die sich für kompostierbare Verpackungen eignen. Wir gehen aber davon aus, dass die geänderten Vorgaben in der EU auch die Märkte in Nordamerika beeinflussen werden, schließlich sind unsere Kunden international. Damit wird weiter Bewegung in die Thematik kommen.

 

Dr. Ludwin Monz - Unsere Teams stehen auf jeden Fall bereit, Verpackungshersteller bei der weiteren Entwicklung als Wegbereiter zu unterstützen. Das heißt, wir werden innovative Technologien auf den Markt bringen, die unseren Kunden Wettbewerbsvorteile verschaffen: Wir werden das Abfallmanagement und die Energieeffizienz weiter verbessern und somit zur Reduzierung von Emissionen entlang der Wertschöpfungskette beitragen.

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